Von Anni Hinkelmann: Eine Reise ins Ruhrgebiet – was sollte uns da schon erwarten außer trostlosen grauen Fabriken und schlechter, staubiger Luft! Nach der Rückkehr von unserem 5-tägigen Aufenthalt waren alle Vorurteile ausgeräumt: Wir erlebten Städte mit viel Grün und einer Luft, die keine rußgeschwärzte Wäsche oder Fenster mehr befürchten ließ. Und doch sind die Spuren der Vergangenheit noch sichtbar.
So wurden wir gleich am Tag der Anreise durch die Ausstellung „Wunder der Natur“ im ehemaligen Gasometer der Stadt Oberhausen geführt. Einmalige Fotografien aus der Tier- und Pflanzenwelt sowie als Höhepunkt ein riesiges schwebendes Abbild der Erde konnten wir dabei bestaunen.
Bei der Rundfahrt durch Essen tags darauf erfuhren wir Interessantes über die Geschichte der Stadt und vor allem über die Prägung der Region durch den Steinkohlebergbau sowie die Stahlwerke der Krupp-Dynastie.
Die Besichtigung der Villa Hügel, dem Wohnsitz der Familie Krupp, stand natürlich ebenfalls auf unserem Programm. Die Gebäude in der schönen Parkanlage haben den Krieg überstanden und beeindrucken durch ihre Größe und hochwertige Ausstattung. Ob die Mitglieder der Krupp-Dynastie allerdings glückliche Menschen waren, mag man bezweifeln, wenn man von den vielen zwischenmenschlichen Spannungen erfährt, die offensichtlich bestanden. Auch die zahlreichen Besucher – dazu gehörten auch der Deutsche Kaiser und später Hitler – brachten wohl viel Unruhe mit sich. Dass die dort tätigen Bediensteten zwar strengen Regeln unterlagen, aber gut versorgt wurden, geschah wohl nicht nur aus sozialem Engagement, sondern auch mit der Absicht, den eigenen Wohlstand zu demonstrieren. Auch die Ansiedlung Margarethenhöhe (heute unter Denkmalschutz stehend) erbaut für die Arbeiter der Firma, aber auch für bedürftige Familien der Stadt Essen, war ein solches“ Vorzeige- Objekt“.
Die Gründung der Stadt Essen geht auf ein „Damenstift“ aus dem Jahr 845 zurück, das der Schulung und Erziehung adliger Mädchen und Frauen diente. Viele wertvolle Kunstgegenstände aus dieser Zeit konnten wir in der Domschatzkammer bestaunen.
Wer wollte, hatte Gelegenheit, die „Alte Synagoge“ in Essen zu besuchen. Sie ist Kulturdenkmal und gehört zu den größten freistehenden Synagogen Europas.
Eine Fahrt durch die Region „Niederrhein“ vermittelte uns nochmals eindrucksvoll ein Bild der industriegeprägten Landschaft sowie von Relikten aus der Römerzeit. Wir erfuhren, dass die vielen grünen Hügel, die sich überall erheben, Abraumhalden sind, die jetzt vorwiegend der Erholung und Freizeitgestaltung dienen. Von einem Turm auf einem dieser Hügel, der einer Grubenlampe nachgebaut wurde, hatten wir einen weiten Blick ins Land. Leider hat ein heftig einsetzender Regen die geplante Besichtigung der idyllischen Stadt Xanten sowie des dortigen Römerkastells beeinträchtigt. Wir durften uns aber an einer unterhaltsamen, detailreichen Führung mit unserer resoluten Stadtführerin durch den Xantener Dom St. Vincent erfreuen. Bei einem kurzen Halt auf der Rückfahrt konnten wir die prächtige Gartenanlage des ehemaligen Klosters in Kamp-Lintfort bewundern.
Der Besuch des UNESCO-Welterbes Zollverein war ein weiterer Höhepunkt unserer Reise. Die Zeche „Zollverein“ ist komplett erhalten und gilt als ein Meisterwerk der Bergbauarchitektur. Ausführlich wurde uns bei einem Rundgang gezeigt, wie die Steinkohle abgebaut und für die Eisenverhüttung aufbereitet wurde. Am Nachmittag dieses Tages konnten wir uns bei einer Schifffahrt entlang den idyllischen Ufern der Ruhr entspannen.
Der Besuch des Bergbau-Museums Bochum am Tag unserer Heimreise beschloss unsere“ Kulturreise Ruhrgebiet“. In diesem originalgetreu nachgebauten Bergwerk wird anschaulich dargestellt, wie die Arbeit unter Tage erfolgte. Ehemalige Bergleute standen bereit und gaben uns Auskunft auf alle unsere Fragen. Mit einem Blick von dem 60 Meter hohen Förderturm der Anlage verabschiedeten wir uns von dieser Region, die so weitreichend die deutsche Industrie geprägt hat.
Wir waren diesmal nur eine kleinere Reisegruppe. Aber der Wert einer Kulturreise misst sich ja nicht an der Zahl der Teilnehmer, sondern nicht zuletzt am gemeinsamen Erleben und miteinander ins Gespräch kommen.
Gabi Timmas, die diese Reise vorbildlich geplant und betreut hat, gebührt dafür ein sehr herzliches „Dankeschön“.